Podcasts sind das Trendmedium unserer Zeit. Eine Art Gegenpol zum Snackable Content der Social Media. Sie nehmen sich Zeit für eine intensive, entschleunigte Auseinandersetzung mit einem Thema. Selbst nischigste Nischenthemen finden ihre Hörer – und machen Podcasts daher auch für den B2B-Bereich interessant. Dieser Artikel erklärt das Phänomen Podcast und soll mit eigenen Erfahrungen und externen Links dabei helfen, selbst erste Schritte im Podcast Marketing zu gehen.
B2B-Marketers brauchen die Aufmerksamkeit von Kunden und Interessenten, häufig vermarkten sie erklärbedürftige Produkte oder Dienstleistungen. Doch gerade Zeit und Aufmerksamkeit sind mittlerweile ein rares Gut – einen Ausweg könnte die Tonspur bieten. Nach dem eigenen Blog oder YouTube-Kanal sind sie möglicherweise das nächste Big Thing: eigene Podcasts. Ein Blick in die Mediatheken offenbart schon heute: Für beinahe jedes Thema finden sich Hörer (s. Textbox). Aber der Reihe nach – wer Podcasts für sein B2B-Marketing nutzen will, muss verstehen, warum und wie diese funktionieren.
Einzigartige Unterhaltung: Nebenbei aber aufmerksam
Podcasts sind meist kostenlose Radiosendungen auf Abruf, also on demand, die sich mit quasi jedem Audio Device wie zum Beispiel einem Smartphone abspielen lassen. Das macht Podcasts auch zu einem beliebten Reisebegleiter. 56 Prozent aller Nutzer, also mehr als die Hälfte, hören Podcasts unterwegs, zum Beispiel im Auto, Zug oder Flugzeug. Das besagt eine aktuelle Umfrage zum Nutzungsverhalten von Podcast-Hörern – Mehrfachnennungen waren möglich. Weitere 42 Prozent lauschen bei Arbeiten im Haushalt, 17 Prozent beim Sport. Wer Podcasts hört, verliert also keine Zeit, da er ja eigentlich gerade etwas anderes tut.
Diese Zahlen verdeutlichen, was Podcasts einzigartig macht: Wir müssen, anders als beim Lesen oder beim Fernsehen, keine zusätzliche Zeit aufwenden, um das Medium zu konsumieren. Podcasts brauchen weder unsere Augen noch unsere Hände, sie gehen direkt ins Ohr. Sie wetteifern also nicht mit anderen Medien im umkämpften Segment der Aufmerksamkeitsfresser, Podcasts spielen außer Konkurrenz. Daher ist die Hördauer auch so lang. Sechs von sieben Nutzern hören mindestens die Hälfte einer Episode, viele komplett bis zum Ende.
Warum Audio-Contents überzeugen
Podcasts bieten paradiesische Bedingungen für gutes Content Marketing:
- Kein Konflikt mit anderen Aufmerksamkeitsfressern (TV, Social Media, Print)
- Ideales „Nebenbei-Medium“
- Treues, interessiertes und ausdauerndes Publikum
- Menschliche Stimme vermittelt authentische, vertrauensbasierte Kommunikation
- Niedrige technische und finanzielle Anforderungen
Podcast Marketing: Im B2B-Bereich sind die Beispiele bislang noch rar
Dennoch werden Podcasts als Marketinginstrument noch weitgehend unterschätzt, wie eine Befragung aus dem Jahr 2018 zeigt. Während 94 Prozent aller Unternehmen im B2B-Bereich Social Media als Kommunikationskanäle nutzen, setzen nur 17 Prozent auf Podcasts. Angesichts der genannten Vorteile dürfte sich das in Zukunft ändern. Denn die Hürden, mit Podcast Marketing zu starten, sind überschaubar. Auch ohne Rundfunkstudio lassen sich professionelle Ergebnisse erzielen: Mikrofon, ein akustisch optimierter Aufnahmeraum, ein Schnittprogramm, eine verständliche Stimme – und ein Knopfdruck: RECORD. Was bisher noch eher das Betätigungsfeld von Medienmachern, Verlagen und Influencern war, entdecken langsam auch bedeutende Unternehmen aus dem B2C für sich. Audi hat im Sommer die zweite Staffel seines Podcasts zur E-Mobilität veröffentlicht, Microsoft hat vor Kurzem mit den Podcast-Spezialisten von Gimlet Media einen Zukunfts-Podcast gestartet. Und auch im B2B gerade für Marketers gibt es zahlreiche Podcasts: Von den Online Marketing Rockstars über das Digitalisierungs-Magazin t3n und die Marketing School von Neil Patel.
Natürlich hilft ein bekannter Host oder eine angesagte Marke, weil die anfängliche Reichweite größer ist. Jedoch hat jedes Unternehmen seine berechtigte Themenwelt, seine Geschichten, die es erzählen kann. Hinter einem funktionierenden Geschäftsmodell stecken immer auch Menschen und unterhaltsame Anekdoten – und Podcasts können der ideale Rahmen sein, um davon zu berichten. Das Audioformat wirkt unmittelbarer und nahbar. Podcasts taugen für tiefgehende Kommunikation und intensiven Austausch mit der eigenen Audience wie kein zweites Medium.
Beliebte Podcasts decken häufig nischige Themen ab
Zu den beliebtesten deutschsprachigen Podcasts gehört Herrengedeck, in dem Ariana Baborie und Laura Larsson bei ein paar alkoholischen Drinks über Gott und die Welt diskutieren. Es gibt Podcasts über Unternehmensgründer, nerdige Brettspiele, Fußballvereine, Menstruation… Der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt. Das gilt auch für die Dauer. Podcasts können kurz sein und nur ein paar Minuten dauern. Die Micro-Podcast-Plattform Anchor.fm, für deren Erwerb Spotify 154 Millionen US-Dollar hingelegt hat, begann mit kurzen Sprachnachrichten, quasi gesprochenen Tweets. Auch nach oben hin gibt es keine Grenzen. In einem der (zurecht) erfolgreichsten Podcasts von Zeit Online fesselten die Journalisten ihren Gast Christian Lindner sowie die Hörer über drei Stunden an die Computer, Webradios oder Smartphones. Über News aus der Welt und der Wirtschaft berichtet der ehemalige Herausgeber des Handelsblattes und Wirtschaftsjournalist Gabor Steingart in seinem täglich erscheinenden Morning Briefing.
Die Suche nach gutem Stoff
Ein Patentrezept für ein gutes Thema gibt es nicht. Dennoch folgt die Themensuche nicht der Logik der klassischen journalistischen Nachrichtenwerttheorien. Ein Podcast ist in den meisten Fällen kein Massenmedium, sondern ein Special-Interest-Format. Die Kriterien der Relevanz und Aktualität zum Beispiel können je nach Thema völlig unterschiedlich definiert sein. Ein guter Podcast sollte unterhalten, informieren oder weiterbilden. Im Idealfall tut er alles auf einmal. Statt einer simplen one-size-fits-all-Lösung hilft die Auseinandersetzung mit ein paar Fragen, um ein geeignetes Thema zu finden.
- Was ist das Ziel meiner Kommunikationsaktivitäten?
Diese können aus Unternehmenssicht zum Beispiel die Steigerung der Bekanntheit und Reichweite sein, Leadgenerierung, die Vermittlung von Wissen, Recruiting, und vieles mehr. - Wer ist meine Zielgruppe?
Diese Frage entscheidet über die Tonalität und die grobe thematische Ausrichtung. Wer die Probleme seiner Zielgruppe kennt, kann sie besser verstehen und erreichen. - Wie kann ich meine Zielgruppe weiterbringen?
Wer Podcasts hört, sucht nicht nach Fragen, er will Antworten, Erklärungen, Lösungsansätze. Habe ich als Moderator keine parat, lade ich jemanden ein, der das kann. Im Idealfall profitiere ich dabei zusätzlich von dessen Netzwerk und Reichweite.
Die Vorzeichen stehen günstig
Podcasting war noch nie so beliebt wie heute – und die technischen Hürden sind niedrig. Branchenbeobachter vermuten, dass es nur eine Frage der Zeit ist, bis sich eine einzige Plattform durchsetzt und es ein „YouTube für Podcasts“ geben wird. Die Zeit ist also günstig, diesen Kommunikationskanal auszuprobieren und Erfahrungen im Podcast Marketing zu sammeln – sei es in Eigenregie oder mithilfe von Podcast-Experten.
Ein ganz wichtiges Argument für den eigenen Podcast haben wir uns für den Schluss aufbewahrt: Podcasts machen Spaß – dem Moderator und der Zielgruppe.